In meiner Wahlheimat Berlin erlebe ich jeden Tag eine große Vielfalt von Menschen. Alle haben ihre eigene Identität. Dazu zählen zum Beispiel Sprache, Nationalität, Kultur, Alter, Familien- und Lebensmodelle, Religion, politische Ansichten, Geschlechterorientierung und körperliche sowie geistige Fähigkeiten. Das ist die Realität.
Doch wie sieht es in der visuellen Kommunikation aus? Zwar setzen sich zunehmend mehr Unternehmen, Verlage und Institutionen visuell mit dem Thema auseinander. Es gibt jedoch noch sehr viel Luft nach oben! In den verschiedensten Medien werden oft einseitige, stereotype Darstellungen und Stigmatisierungen gezeigt. In vielen Bildern werden bestimmte Menschen überproportional häufig gezeigt, während andere Menschen kaum oder gar nicht abgebildet werden. Und deren Geschichten nicht erzählt werden.
In diesem Blogbeitrag zeige ich, wo Illustration ansetzt und wie wertvoll sie in der visuellen Kommunikation für das Sichtbarmachen unserer Gesellschaft ist.

Was bewirkt Vielfalt in der Bildsprache?
• Repräsentation
Repräsentation bedeutet Sichtbarkeit. Durch Repräsentation in der visuellen Kommunikation fühlen sich mehr Menschen – im besten Fall alle – willkommen und angesprochen. So wird ein breites Publikum erreicht und die Wertschätzung wird gestärkt. Repräsentation fördert Zugehörigkeit und Inklusion.
• Inspirierender Rollenvorbilder
Durch die Darstellung von starken, vielfältigen Figuren in passenden Szenen und Umfeldern werden positive Rollenvorbilder geschaffen. Sehr wichtig für das Selbstbewusstsein von Menschen.
Beispiele für Rollenvorbilder: Muslimische Frauen in Führungspositionen oder Teammitglieder, die eine Behinderung haben, in beruflichen Kontexten
Beispiel für Motivation: Darstellung von Frauen in Männerberufen und Männern in Frauenberufen
• Aufklärung
Durch Vielfalt in der Bildsprache können althergebrachten Denkmuster aufgebrochen und Vorurteile sowie Missverständnisse abgebaut werden.

Ein Bild wirkt, noch bevor der Text gelesen wird. Zum Beispiel bei einer illustrierten Plakatkampagne für ein Krankenhaus. Die Motive zeigen Personen verschiedener Herkunft und Alters sowie (sichtbar) behinderte Menschen. Außerdem wurde auf deutlich männliche und weibliche Körpermerkmale verzichtet. Die heteronormative Sichtweise, also die Annahme der binären Geschlechterordnung, wird so aufgebrochen. Mit dieser Bildsprache signalisiert das Unternehmen: »Wir sprechen Menschen unterschiedlichster Lebensphasen, Biografien und Lebensformen an und alle haben spezifische Bedürfnisse.«
Eine diverse Bildsprache kann einen positiven Wandel in der Gesellschaft bewirken. Wird sie kontinuierlich dargestellt, verändert sich unsere Wahrnehmung langfristig. Denn Illustrationen und Bilder prägen diese ja sehr stark.

Generative Bild-KI kann das nicht
Für die Gestaltung dieser Illustrationen sind differenziertes Denken, genaues Beobachten sowie ein Verständnis für kulturelle Feinheiten wichtig. Und Verantwortung. Gefragt sind menschliche Fähigkeiten! All das fehlt bei KI-generierten Illustrationen und Bildern. Generative Bildmodelle reproduzieren Stereotype. Das Ergebnis sind (oft) diskriminierende Darstellungen von Personen.
Warum? Weil KI-Bildgeneratoren auf Trainingsdaten aus der Vergangenheit basieren. Diese sind jedoch nicht divers, sondern mehrheitlich westlich, weiß und männerdominiert (Tech-Konzerne). Generative Bild-KI klassifiziert, also sortiert nach Schubladen-Kategorien. Das sind nur einige Gründe, die hier genügen.

Selbstreflexion und Verantwortung
Wie kann ich Vielfalt so zeigen, dass sie nicht aufgesetzt wirkt? Wirken meine Illustrationen respektvoll? Bei Projekten mit Diversitätsschwerpunkt stelle ich mir genau diese Fragen.
In jedem Fall ist es wichtig, dass ich aus meiner Blase heraustrete und mir meiner Privilegien bewusst werde. Und meine eigenen Vorurteile wahrnehme und abbaue. Denn ich zeichne zuerst einmal das, was mich umgibt und mir vertraut ist. Respektvolle Abbildung von Diversität gelingt nur durch ständige Weiterbildung, einen offenen Blick und das Einholen von Feedback. Das ist ein Prozess, der stetig weiter geht. Als Illustratorin trage ich durchaus Verantwortung für meine Bilder. Ich entscheide (mit), welche Personen sichtbar sind.

Menschen in Berlin / Skizzen
Ideen, Bildmotive und Entscheidungen
Das Darstellen von Vielfalt kann auf unterschiedliche Weise erfolgen. Eine Möglichkeit ist das Zeichnen der Unterschiede und individuellen Merkmale der Personen. So gelingt Repräsentation.
Anderseits ist es auch manchmal sinnvoll, Diversität allgemeingültig abzubilden. Das funktioniert gut mit einer abstrakteren Bildsprache. Sie kann offener interpretiert werden.
Die Farben der Haut sind ein beliebtes Mittel, um die Verschiedenartigkeit der Menschen darzustellen. Hauttöne sind nicht ganz leicht zu entscheiden und nicht immer einfach in die Farbwelt eines Projektes zu integrieren. Schon kleine Ungenauigkeiten können als diskriminierend oder ausgrenzend wahrgenommen werden. Dafür ist Sensibilität gefragt. Feedback einzuholen ist hier oft angebracht.
Alle gestalterischen Entscheidungen hängen davon ab, welche Mission visualisiert oder welche Geschichte erzählt werden soll.

Mehrwert für Auftraggebende
Gestalten Auftraggebende ihre visuelle Kommunikation bewusst divers (zB. Studien, Stadtpläne, Kampagnen), senden sie ein klares und positives Signal. Sie zeigen, dass sie die Vielfalt der Gesellschaft wahrnehmen und wertschätzen. Und dass sie nicht realitätsfern sind. Auftraggebende zeigen, dass sie Verantwortung übernehmen für eine realistische und bestenfalls diskriminierungssensible Bildsprache. Damit kommunizieren Unternehmen und Institutionen Offenheit und Haltung. Und das fördert die Glaubwürdigkeit.
Ich möchte ermutigen, Diversität in der eigenen visuellen Kommunikation mit Mut, Bewusstsein und Respekt zu gestalten – nach außen wie nach innen. Illustration ist ein starkes visuelles Kommunikationsmittel für Vielfalt. Ohne Kitsch und Stereotype. Gern unterstütze ich Dich bei der Entwicklung visueller Konzepte, die Repräsentation stärken und ein Zeichen für Diversität setzen.